Weil das Thema Gesundheit alle Gruppen der Gesellschaft tangiert, die Seniorinnen und Senioren aber besonders, hat die SPD AG 60 plus den Chefarzt der Bad Rappenauer Kraichgauklinik, Dr. Peter Trunzer, zum April-Treffen eingeladen.
„Gesundheitspolitik für Ältere - zu schnell am Skalpell?“ unter dieser provokanten Überschrift steht der einführende Vortrag von Peter Trunzer, der auch Mitglied im Kreistag Heilbronn und im Aufsichtsrat der SLK Kliniken, sowie Sprecher der Heilbronner SPD AG Gesundheit ist.
„Welch ein Widerspruch in sich, über 90 % der Gesundheitspolitik dreht sich um Krankheit“, so führt der Gesundheitsexperte sehr verständlich in das hoch aktuelle Thema ein.
Mit seiner reichen medizinischen und politischen Erfahrung erklärt er viele fachliche Begriffe und anhand von häufigen Krankheiten die unterschiedlichen Behandlungsmethoden.
Seiner Ansicht nach wird tatsächlich zu schnell und damit auch zuviel operiert und endoskopisiert, zu häufig werden die Patienten in teure Apparate geschoben und manchmal auch mit kostspieligen Medikamenten übertherapiert.
Dies ist, neben medizinischem Forstschritt, hauptsächlich bedingt durch die immer stärkere Ausrichtung des Gesundheitswesens auf Betriebs-wirtschaft, Gewinnstreben und Privatisierung.
Die Abrechnung von Leistungen über „Fallpauschalen“ hat ein „marktorientiertes Geschäftsmodell“ angekurbelt, das nicht „gesund“ sein kann.
Durch diese Tendenzen werden konventionelle Heilungsmethoden, menschliche Zuwendung und manches Mal auch die Qualität der Pflege vernachlässigt.
Dies spüren als erste, neben den Patienten, die Beschäftigten im Gesundheitswesen.
Die geringe Wertschätzung der verantwortungsvollen und schweren Arbeit zeigt sich nicht nur an der vergleichsweise bescheidenen Bezahlung, sondern an zeitlicher, körperlicher und psychischer Überlastung und an fehlenden Qualifizierungs- u. Aufstiegsmöglichkeiten im Pflegebereich.
Dieser Missstand muss zeitnah verbessert werden. Für diese Aussage bekommt der Referent zustimmende Reaktionen von den SPD Senioren.
Die aktuelle Krankenhausversorgung im Unterland und die Arbeitsteilung in spezialisierten Schwerpunktkliniken werden vom Referenten, aber auch von den Zuhörern positiv beurteilt. Allerdings wird auch auf die immensen Investitionen für die Neubauten und die (zu) knappen Betriebskostenerstattungen durch die Krankenkassen hingewiesen.
Die Zukunft der ärztlichen Versorgung war ein weiteres Thema, das von den Teilnehmern sehr dezidiert hinterfragt wird.
Peter Trunzer informiert dazu ausführlich: Von der Ausbildung und Spezialisierung, über die Hintergründe der starken Fluktuation, die geschlechtsspezifische Sonderheiten bis hin zur Gewinnung von Medizinern aus dem Ausland, um den akuten Ärztenotstand zu mildern.
Seine Prognose ist, dass große Städte wohl noch genügend Ärzte bekommen, ländliche Gebiete aber enorme Schwierigkeiten bekommen werden.
Auf die vielfältigen Gründe für diese ungute Entwicklung wird von ihm hingewiesen, so z. B. auf ungünstige Arbeitszeiten, hohe Praxiskosten, Berufsethos, Generationenwechsel, ungerechte Einkommensunterschiede und nicht zuletzt auf die kompromisslose Haltung der Kassenärztlichen Vereinigung.
Als einen Ausweg sieht Dr. Trunzer die Einrichtung von ärztlichen Zentren, wobei verschiedene (öffentliche oder private) Organisationsformen denkbar sind.
Am Beispiel der kontroversen Diskussion um die Neukonzeption der ärztlichen Notfallpraxen im Unterland, insbesondere im Raum Eppingen und Oberen Sulmtal wird die zutiefst bürgerunfreundliche, demokratiefeindliche und praxisfremde Vorgehensweise der dubiosen Standesorganisation „Kassenärztliche Vereinigung“ sehr deutlich.
Mehrere Teilnehmer des Treffens forderten von den Mandatsträgern aller Ebenen, gegen diese Machenschaften, harte politische Konsequenzen.
In der Diskussion werden noch viele Fragen und Probleme des Gesundheitswesens angesprochen, allerdings reicht die Zeit nicht zur Vertiefung - deshalb wird Wiederholung gewünscht… Sieghart Brenner